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Warum sind Ernährungstrends so erfolgreich?

Egal, ob Paleo, Intervallfasten oder Clean Eating – spezielle Ernährungsformen sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken und immer wieder kommen neue dazu. Woher kommt dieser langanhaltende Trend?

Wie entstehen Ernährungstrends?

Für viele Menschen bedeutet Essen heute mehr als nur satt zu werden. Es geht nicht (mehr) primär um persönliche Geschmacksvorlieben, sondern eine Kombination aus gesundheitlichen, ökologischen, ästhetischen, sozialen und religiösen Kriterien. So entwickeln sich Ernährungstrends. Manche beziehen sich auf die Auswahl bestimmter Lebensmittel(gruppen), andere auf die Art der Zubereitung oder des Verzehrs.

Früher wurden Ernährungstrends, wie zum Beispiel die Wahl fettreduzierter Produkte, durch Angebot und Werbung der Lebensmittelindustrie vorgegeben. Heute sind die Verbraucher selbst an der Entstehung beteiligt. Da jeder Mensch isst, kennt sich (scheinbar) auch jeder mit Ernährung aus bzw. redet mit. Vor allem die Digitalisierung mit Social Media macht diesen Prozess möglich. Es gibt verschiedene Faktoren, die den Erfolg erklären.

Das „Richtige“ für den Körper

Gesundheit scheint bei allen Ernährungstrends – so unterschiedlich sie auch sind – das zentrale Kriterium zu sein. Viele Menschen streben heutzutage nach Selbstoptimierung: Sie wollen sich kontinuierlich „verbessern“, wollen leistungsfähig und gesund sein. Eine Veränderung der Ernährung mit optimierten Nährstoffkombinationen ist häufig das Mittel der Wahl. Während Gesundheit früher als ein nicht-beeinflussbares Geschenk Gottes galt, ist heute vermeintlich jeder selbst dafür verantwortlich.

Ausdruck individueller Wertehaltungen

Viele Menschen beschäftigen sich immer bewusster mit dem Einfluss ihres Konsums auf Umwelt, Klima und Tierwohl. Neben ihrer eigenen Gesundheit wollen sie auch der Welt „etwas Gutes tun“. Sie wählen daher Ernährungsweisen, die beispielsweise ethisch vertretbar oder ökologisch sinnvoll erscheinen. Hierbei geht es nicht um ein allgemeines „moralisch korrekt“, sondern darum, was dem einzelnen selbst wichtig ist. Beispielsweise stehen bei Clean Eating und Paleo die Identifikation mit den Werten „Nachhaltigkeit“ und „Kritik an der Lebensmittelindustrie“ im Vordergrund.

Ernährungstrends sind zugleich Ausdruck und Beleg eines Individualisierungsprozesses. Die Wahl des Essens entscheidet darüber, wer man selbst ist und wie man von anderen wahrgenommen werden möchte. Während sich früher Menschen oft über ihren Glauben definierten, tun sie dies heute über ihren Lebensstil – Ernährung ist sozusagen zu einer Ersatzreligion geworden. Der Spruch „Du bist, was du isst“ drückt dies sehr klar aus.

Zugehörigkeit und Identifikation

Als „Identifikationsanker“ eignet sich Essen besonders gut – denn wir alle tun es, regelmäßig und völlig selbstverständlich. Der einzelne identifiziert sich über das Essen mit seiner Lebenssituation, mit seiner sozialen Position. Wer einem Ernährungstrend folgt, findet leicht Kontakt zu Gleichgesinnten (v.a. über Social Media). Gleichzeitig grenzt man sich von „Anders-Essern“ oder „Anders-Denkern“ ab, was das Zugehörigkeitsgefühl zur eigenen „Ess-Gruppe“ stärkt.

Vereinfachte Entscheidungen, bessere Orientierung

Verbraucher sind teilweise verunsichert, da Erkenntnisse aus dem komplexen Forschungsgebiet der Ernährungswissenschaften einem ständigen Wandel unterliegen. Dazu kommen Lebensmittelskandale und Berichte über Tierquälerei. Viele Menschen haben in einer überaus fragmentierten Welt den Wunsch nach Vereinfachung. Durch klare Regeln der jeweiligen Ernährungsform fallen Kaufentscheidungen so leichter.

Abschließende Gedanken

Noch nie gab es so viele unterschiedliche Ernährungsstile wie heute. Und noch nie wurde darüber so viel diskutiert. Manche Trends werden aus wissenschaftlicher Sicht kritisch gesehen. Vor allem radikale Ernährungsformen können zu Mangelerscheinungen oder bestimmten Formen von Essstörungen führen. Dennoch haben sie für den einzelnen eine Daseinsberechtigung. Zu verstehen, warum Menschen essen, wie sie essen, ist und bleibt überaus spannend.

Autorin: Isabel Lück


Quellen:

Wo 09/2020

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