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Multi-Kulti in der Mensa

„Du bist, was du isst.“ Dieses alte Sprichwort spiegelt sich in vielen Religionen wider, bei denen die Ernährungsform ein Teil der Identität ist. Doch können Kinder und Jugendliche an Schulen diese Identität auch leben? Gibt es Möglichkeiten, dies durch eine interreligiöse Schulverpflegung zu fördern?

Inklusion durch Schulverpflegung

Das Mittagessen in  der Ganztagesschule ist ein zentrales Geschehen für den sozialen Austausch und den Gruppenzusammenhalt der Schülerinnen und Schüler. Wer aufgrund religiöser Ess-Vorschriften nicht daran teilnehmen kann, dem bleiben diese sozialen Kontakte verwehrt.

Religiöse Speisevorschriften – mehr als erlaubte und unerlaubte Lebensmittel

Viele Gläubige verzichten auf bestimmte Lebensmittel. Für die Schulverpflegung sind neben den erlaubten und unerlaubten Lebensmitteln aber vor allem die religiösen Vorschriften zur Lagerung und Zubereitung von Speisen wichtig.

Zu beachten ist beispielsweise im Hinduismus wie auch im Islam und im Judentum, dass erlaubte Speisen durch Kontakt mit unerlaubten Nahrungsmitteln oder auch „verunreinigtem“ Geschirr unrein werden. Das heißt sie müssen getrennt von „unreinen“ Lebensmitteln gelagert, zubereitet und ausgegeben werden.

Bereits bei der Auswahl von Desinfektions- und Reinigunsmitteln für die Küche ist aufgrund des strengen Alkoholverbots im Islam Vorsicht geboten. Für die Planung in der Schulverpflegung ist außerdem wichtig zu beachten, dass ältere Schüler und Schülerinnen im Fastenmonat Ramadan nicht am Essen teilnehmen.

Bei der Zubereitung von Fleischspeisen darf für strenggläubige Muslime und Juden nur rituell, ohne Betäubung geschlachtetes Fleisch verwendet werden. Die Schlachtmethode nennt sich „Schächten“. Da sie dem deutschen Tierschutzgesetz widerspricht, wird Fleisch von geschächteten Tieren in der Regel aus dem Ausland importiert.

Weiter muss für die Zubereitung einer koscheren Speise mindestens ein Jude beteiligt sein und die Küche muss vor Nutzung rituell gereinigt werden. Eine wichtige Vorschrift ist außerdem die Trennung von fleischigen und milchigen Lebensmitteln. Diese dürfen nur mit einem gewissen zeitlichen Abstand von einigen Stunden verzehrt werden und dürfen weder gemeinsam produziert noch gelagert werden.

Religionen im Speiseangebot berücksichtigen

Was ist nötig?

Wie viele Schülerinnen und Schüler der einzelnen Religionen gibt es an der Schule? Und wie viele davon halten sich wie streng an die jeweiligen Speisevorschriften? Diese Fragen stehen zunächst im Vordergrund. Dabei sollten alle Beteiligten mit einbezogen werden – d.h. Verpflegungsanbieter, Schüler, Eltern, Lehrkräfte, Betreuer, örtliche Religionsvertreter etc.

Was ist möglich?

Sind die Voraussetzungen für die Umsetzung einer Multi-Kulti-Mensa überhaupt erfüllt? Hat der Verpflegungsanbieter Möglichkeiten, um z.B. eine getrennte Zubereitung und Ausgabe von Lebensmitteln zu gewährleisten? Das Personal und der notwendige Platz dafür müssen vorhanden sein.

Welche Unterstützung braucht der Verpflegungsanbieter zur Umsetzung? Möglicherweise können Experten und andere Anbieter wie jüdische Gemeinden mit ins Boot geholt werden.

Welche Lösungen gibt es?

Eine Lösung ist, die Speiseplanung komplett umzustellen. Oftmals bietet es sich jedoch an, eine zusätzliche glaubenskonforme Schulverpflegung anzubieten – an bestimmten Tagen, für einzelne Komponenten der Mahlzeit oder für bestimmte religiöse Gruppen. Ein vegetarisches Menü ist mit wenigen Ausnahmen für Gläubige verschiedener Religionen geeignet und sollte deshalb immer angeboten werden.

Miteinander sprechen

Besonders wichtig sind Kommunikation, Transparenz und die kindgerechte Kennzeichnung der Speisen. Denn nur wenn Schülerinnen, Schüler und Eltern davon überzeugt sind, dass ihre Essensvorschriften tatsächlich eingehalten und umgesetzt werden, nehmen sie am Mensaessen teil.

Tipp:
Zur Sensibilisierung für religionsspezifische Unterschiede in der Schule bietet sich deren Einbindung in den Lehrplan an. Hierfür gibt es im Erfahrungskatalog „Mensa als Lernort“ Vorschläge für Unterrichtseinheiten zu „Multi Kulti in der Mensa“.

Autorin: Miriam Erhard


Quellen:

  • Giesenkamp J.-E., Leicht-Eckardt E., Nachtwey T.: Inklusion durch Schulverpflegung – Wie die Berücksichtigung religiöser und ernährungsspezifischer Aspekte zur sozialen Inklusion im schulischen Alltag beitragen kann, 2013, LIT Verlag Berlin, 2. Auflage 
  • Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg: Mensa als Lernort (zuletzt abgerufen am 02.12.2019)

Wo 12/2019

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