Ob Frucht-Quetschie, Kindermilch oder Bambini-Menü – kunterbunte Kinderlebensmittel sprießen aus den Supermarktregalen wie Pilze aus dem Boden. Tut man damit den Kleinen etwas Gutes?
Kinderlebensmittel sind „kindgerecht“ konzipiert und kommen durch ihre bunte, auffällige Aufmachung in Tierchenform
oder mit lustigen Geschenken bei den Minis gut an. Auch Eltern greifen gerne zu, denn laut Herstelleraussagen ist die Zusammensetzung ja
schließlich „genau an die Bedürfnisse der Kinder angepasst“ und oft sind wertvolle Nährstoffe als
„Extraportion“ zugesetzt. Sind solche Produkte also für die kindliche Entwicklung von Vorteil?
Von Kindermilch bis Quetschie: Zu viel von allem?
Mittlerweile gibt es eine riesige Produktpalette speziell für die Kleinen. In den meisten Fällen zeigt sich, dass die Produkte
keineswegs optimal für Kinder geeignet sind. Im Vergleich zu den natürlichen Originalen schneiden die künstlich
angereicherten Kids-Produkte in jeglicher Hinsicht schlechter ab. Sie enthalten meist zu viel Zucker, zu viel minderwertiges Fett, zu viel
Salz und zu viele Zusatzstoffe.
Auf dem Etikett ist die tatsächliche Zuckermenge für Laien meist nicht erkennbar, denn für den Begriff „Zucker“
gibt es zahlreiche Synonyme – von Fruchtsüße bis Dextrose. Dabei wird Fruchtsüße nicht aus natürlichen
Früchten, sondern industriell aus Stärke gewonnen. Wahre Zuckerbomben sind zum Beispiel Obstbreie zum Trinken aus der
Plastiktüte, sog. Quetschies. Ihr Verzehr hat weitreichende Folgen: Durch das Dauernuckeln und die dickflüssige Konsistenz, kann
der Zucker zusammen mit den Fruchtsäuren die Zähne besonders gut angreifen. Das fehlende Kauen hat sogar Einfluss auf die
Sprachentwicklung. Auch beim Fett – und zwar sowohl quantitativ als auch qualitativ – entsprechen viele Kinderlebensmittel
nicht den Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung. Oft überwiegt der Anteil an ungünstigen, gesättigten
Fetten, an „gehärteten“ Fetten und Transfettsäuren. Auch die oft zugesetzten Aromen, Geschmacksverstärker, Farb-
und Konservierungsstoffe, die für die Konsistenz, den Geschmack und die Haltbarkeit sorgen, werden von Ernährungsexperten
kritisch betrachtet.
Extraportion Vitamine = extra gut?
Ist denn wenigstens die häufig zugesetzte und umworbene „Extraportion“ Vitamine und Mineralstoffe wertvoll? Die
Antwortet lautet ganz klar: Nein! Nur weil die Anreicherung mit Nährstoffen (vor allem Calcium, Eisen, Vitamin D) bei
Kinderlebensmitteln weit verbreitet ist, bedeutet das nicht, dass sie auch sinnvoll ist. Ganz im Gegenteil: Über angereicherte
Lebensmittel ist die Nährstoffzufuhr kaum zu kontrollieren, somit besteht sogar die Gefahr einer Überdosierung. Daher gilt: auch
mit Vitaminen angereichert sind diese Produkte keine Nährstofflieferanten, sondern Süßigkeiten.
Von Experten abgelehnt, von Kindern geliebt
Die Fachgesellschaften sind sich einig: Aus gesundheitlicher Sicht sind Kinderlebensmittel unnötig und bei regelmäßigem
Verzehr sogar teilweise bedenklich. Außerdem sind sie teuer, verursachen Müllberge und verderben den Geschmackssinn. Kinder
brauchen nach dem ersten Lebensjahr keine „Extra-Wurst“, sondern nehmen optimalerweise am normalen Familienessen teil. Gerade
in der frühen Kindheit werden Essgewohnheiten ausgebildet. In dieser Phase ist es sinnvoll, den Kleinen die Geschmacksvielfalt
frischer Lebensmittel zu zeigen und nicht sie an Fertigprodukte zu gewöhnen.
Soviel zur Theorie. In unserer realen Lebenswelt sind die vielen bunten Packungen jedoch nicht mehr wegzudenken und somit praktisch
unvermeidlich. Wie also damit umgehen? Komplett verbieten bringt wenig – denn das steigert bei den Kindern das Verlangen und bei den
Eltern den Stresspegel. Beim Kauf sollten Eltern sich nicht von irreführenden Werbebotschaften verunsichern lassen, sondern
stattdessen aufmerksam und kritisch die Verpackungshinweise, Mengeninformationen und vor allem die Altersangaben beachten.
Auf den richtigen Umgang kommt es an
Eine gute Idee ist es, die Produkte zu „strecken“, indem z.B. bunte Frühstückscerealien mit Müsli oder
Kinderfruchtjoghurt mit Naturjoghurt gemischt und süße Getränke mit Wasser verdünnt werden. Snacks, die Kindern
schmecken und Freude machen, können auch ganz einfach selbst hergestellt werden: Wie wär´s zum Beispiel ab und zu mit einem
Smoothie, einem Eis oder einem Fruchtquark aus frischem Obst!? Wenn die Kleinen ihre eigenen Süßigkeiten selbst machen, werden
sie diese umso mehr wertschätzen.
Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung mit natürlichen Zutaten (Obst und Gemüse, Vollkornbrot und selbstgemachtem
Haferbrei) ist das beste Mittel, damit Kinder gesund groß und stark werden. Extra-Produkte braucht es dazu nicht. Aber für ein
bisschen mehr Spaß und ein bisschen weniger Stress zwischendurch darf es natürlich auch mal ein „Kids-Snack“ aus dem
Regal vor der Supermarktkasse sein.
Autor: Isabel Lück
Quellen:
- BfR: Abschlussbericht Kindermilch, 2014 (zuletzt aufgerufen: 06.03.2019)
- BZgA: Kinderlebensmittel und
Fertigprodukte, 2016 (zuletzt aufgerufen: 06.03.2019)
- Düren, M. und Kersting, M.: Das
Angebot an Kinderlebensmitteln in Deutschland, Ernährungs-Umschau, Heft 1, 2003 (zuletzt aufgerufen: 06.03.2019)
- VZ: Kinderlebensmittel: Extrawurst für den Nachwuchs?,
2017 (zuletzt aufgerufen: 06.03.2019)
- Verbraucherzentrale Bundesverband: Kinderlebensmittel – bunt,
bunter, zu bunt?, 2012 (zuletzt aufgerufen: 06.03.2019)
- Verbraucherportal VIS Bayern, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz: Kinderlebensmittel: Ein Beitrag zur
Kindergesundheit?, 2016 (zuletzt aufgerufen: 06.03.2019)
- Verbraucherschutzforum Berlin: Kinderlebensmittel, 2012 (zuletzt aufgerufen:
06.03.2019)
LS 03/2019