Stillen ist das Beste für das Baby. Muttermilch bietet zahlreiche Vorteile – sowohl für die Mutter als auch den Säugling. In besonderem Maße und auf spezielle Weise wirkt Muttermilch auf das kindliche Immunsystem.
Das Immunsystem ist unser biologisches Abwehrsystem – ein komplexes Netzwerk, das unseren Körper vor der Schädigung durch Krankheitserreger (wie Viren, Pilze, Parasiten und pathogene Bakterien), also vor Infektionen und anderen Krankheiten, schützt. Unsere Gesundheit ist vom Immunsystem abhängig. Was viele nicht wissen: Das Immunsystem befindet sich zum größten Teil im Darm, es wird im Wesentlichen von der Darmflora beeinflusst.
Die Darmflora (auch intestinales Mikrobiom genannt) bezeichnet die Gesamtheit der Mikroorganismen (Bakterien), die unseren Dickdarm besiedeln. Mithilfe dieser kleinen Helferlein entwickelt der Körper seine Abwehrkräfte. Im Darm herrscht eine ungeheure Artenvielfalt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass bis zu 800 verschiedene Spezies dort ansässig sind. Bei der Geburt ist der Darm eines Menschen noch vollkommen keimfrei (steril). Nach und nach gelangen durch Umwelteinflüsse immer mehr Bakterien in unseren Organismus. Die Darmflora wächst kontinuierlich. Für die Aufrechterhaltung einer gesunden Darmflora und eines stabilen Immunsystems sind besonders zwei bestimmte Arten wichtig: Bifidusbakterien und Milchsäurebakterien.
Wie wirkt Stillen auf die Darmflora des Kindes?
Muttermilch enthält eine Vielzahl spezieller Nährstoffe, die nur die erwünschten Bakterien (v.a. Bifidus-) wachsen lassen. Muttermilch liefert etwa 400 verschiedene Kohlenhydrate, wobei hier besonders die Oligosaccharide zu nennen sind. Außerdem enthält Muttermilch – v.a. das Kolostrum in den ersten Tagen – Antikörper (Immunglobuline), weitere bioaktive Proteine sowie mütterliche Immunzellen (Leukozyten und Makrophagen) zur Abwehr verschiedener Krankheitserreger.
Darüber hinaus sind in der Muttermilch selbst Bakterien enthalten. Dieses komplexe Ökosystem, das sogenannte Muttermilch-Mikrobiom, besteht aus mehreren Hundert Bakterienspezies (darunter vor allem Milchsäurebakterien).
Die Bakterien aus der Muttermilch sind keineswegs nur pathogene Krankheitserreger (wie man früher dachte), sondern im Gegenteil: Sie wirken beim Aufbau der kindlichen Darmflora und der Reifung des Immunsystems mit und schützen vor Infektionen, Entzündungen und Allergien. Somit spielt das einzigartige Mikrobiom der Muttermilch für die Gesunderhaltung des Säuglings eine wichtige Rolle.
Wie kommen die Bakterien in die Muttermilch?
Seit langem bekannt ist die Übertragung der Bakterien von der Haut der Mutter und vom Mund des Babys in die Muttermilch. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen jedoch noch einen anderen Mechanismus: Die Mikroorganismen gelangen am Ende der Schwangerschaft und während der Stillzeit über einen speziellen Transportweg (aufgrund der hormonell bedingten erhöhten Durchlässigkeit der Darmwand) vom mütterlichen Verdauungssystem über Blut- und Lymphsystem zu den Milchdrüsen. Wie dieser Transfer im Detail funktioniert, wird noch erforscht.
Muttermilch – einzigartig individuell
Die Zusammensetzung jeder Muttermilch ist einmalig, sehr individuell und nicht nachbaubar. Die Besiedlung der Muttermilch ist von verschiedenen Faktoren abhängig, unter anderem dem allgemeinen Gesundheitsstatus der Frau, dem Ausgangsgewicht, der Gewichtszunahme während der Schwangerschaft sowie der Art der Entbindung. Auch im Verlauf der Stillzeit verändert sich bei jeder Frau die Zusammensetzung. Jede Mutter stellt sich mit ihrer Milch spezifisch auf ihr Kind ein, das Kind wird durch die Genetik der Mutter beeinflusst.
Auch wenn die industriell hergestellten Milchnahrungen heutzutage qualitativ sehr hochwertig und oft mit Prä- bzw. Probiotika ergänzt sind, so können sie die natürliche Muttermilch nicht vollständig ersetzen.
Die Stärke unseres Immunsystems hängt von den (Bakterien-)Verhältnissen in unserem Darm ab. Und unsere Darmflora ist abhängig von einer Vielzahl von Faktoren. Die optimale Basis für ein gesundes Leben wird in den ersten Tagen nach der Geburt gelegt – und da ist Muttermilch das Zauberwort… Oder besser gesagt: der Zaubertrank.
Autorin: Isabel Lück
Quellen:
- Bayer J: Wie
kommen die Bakterien in den Darm?, ARD - Sendung „W wie Wissen“, 2015 (zuletzt abgerufen am 07.03.2019)
- Starostzik C: Keime
in der Muttermilch, Ärztezeitung, 2013 (zuletzt abgerufen am 07.03.2019)
März 03/19