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Wie Kinder auf den Geschmack kommen

Ein Junge schaut skeptisch von seinem Essen auf

„Mir schmeckt das nicht!“, „Kann man das Grüne auf meinem Teller essen?“ Welche Eltern kennen solche Sätze nicht? Es ist eine Herausforderung einen wählerischen Esser am Tisch sitzen zu haben. Eltern möchten ihrem Kind die Lebensmittelvielfalt nahebringen, damit es sich optimal entwickeln und wachsen kann. Doch wie bringe ich mein Kind auf den Geschmack?

Schmecken beginnt sehr früh

Jeder Mensch ist einzigartig, das erkennen wir auch beim Thema Schmecken. Der Geschmack wird durch etliche Einflüsse geprägt. So ist es kein Zufall wie wir essen und was uns schmeckt. Im Gegenteil: Man kann Essen und Schmecken sogar lernen.

Das Lernen beginnt bereits im Mutterleib und noch vor dem ersten Brei. Denn je nachdem was die (werdende) Mutter isst, schmecken Fruchtwasser und Muttermilch anders. Kinder bevorzugen später ihnen bekannte Geschmackseindrücke.

Schmecken kann ein Baby ab der 14. Schwangerschaftswoche komplett wie ein Erwachsener. Doch es gibt angeborene Vorlieben, zum Beispiel für die Grundgeschmacksart „Süß“. Dies nennt man auch „Sicherheitsgeschmack der Evolution“. Denn der Geschmack liefert Hinweise auf genießbare und giftige Nahrungsmittel. „Süß“ ist ein Zeichen dafür, dass die Nahrung schnelle Energie liefert und sicher essbar ist. Natürlich vorkommende giftige bzw. ungenießbare Nahrungsmittel schmecken dagegen häufig bitter oder sauer.

Skepsis ist angeboren

Beim Thema Geschmack erleben wir immer noch evolutionär geprägte „Essensprogramme“, die vor allem im Kleinkindalter greifen. Kinder lehnen in diesem Lebensabschnitt zum Beispiel neue Speisen oft vehement ab oder sind skeptische Esser. Dieses Verhalten hat sogar einen Namen: Neophobie. Die „Angst vor Neuem“ ist einer der Sicherheitsaspekte, die früher zum Überleben notwendig waren. Folglich ist der Wunsch, am liebsten jeden Tag etwas Bekanntes zu essen, erklärbar.

… aber der Wunsch nach Abwechslung auch

Der Neophobie steht der Schutzmechanismus mit dem Namen „Spezifisch sensorische Sättigung“ gegenüber. Er sorgt dafür, dass ein Kind eine Abneigung gegen sich ständig wiederholende Geschmackseindrücke entwickelt und eine gewisse Abwechslung in den Speiseplan kommt. Dies soll einer zu einseitigen Ernährung und somit einem Nährstoffmangel vorbeugen.

Geschmacksvielfalt entdecken braucht Zeit

Eltern können ganz beruhigt sein, falls Ihr Kind ausschließlich sein Lieblingsessen verlangt: Es dauert bei machen Kindern einfach länger bis sie sich trauen und Abwechslung auf dem Speiseplan möchten oder sich auf neue Geschmackseindrücke einlassen.

Es ist eben völlig normal, dass viele Kinder Nahrungsmittel bevorzugen, die sie kennen. Das heißt, es ist besonders wichtig, ihnen noch unbekannte Speisen immer wieder anzubieten, damit sie diese kennenlernen können. Mit dem Kennenlernen legt sich mit der Zeit meist auch die Abneigung. Am besten gelingt dies in einer angenehmen und vertrauten Atmosphäre.

So gelingt Essen in der Familie mit Genuss und Freude

  • Motivieren Sie Ihr Kind zum Probieren von unbekannten oder unbeliebten Speisen. Bieten Sie diese ohne Druck und Zwang immer wieder an. Kinder akzeptieren unbekannte Lebensmittel in Kombination mit bekannten leichter.
  • Essenlernen braucht Zeit: Die Vielfalt der Lebensmittel muss zuerst wahrgenommen, abgespeichert und wiedererkannt werden. Haben Sie Geduld und versuchen Sie entspannt zu bleiben. Bei sehr skeptischen Essern kann es manchmal tatsächlich 30 Probierversuche dauern bis ein Lebensmittel wirklich gegessen wird.
  • Es lohnt sich, ihrem Kind Nahrungsmittel in verschiedenen Formen nahe zu bringen, zum Beispiel als Rohkost, in Suppen oder gedünstet. So kommt automatisch Abwechslung in den Speiseplan.
  • Probieren Sie mit Ihrem Kind zusammen ein neues, auch für Sie noch unbekanntes Lebensmittel. Das können auch einfach mal verschiedene Apfelsorten sein.
  • Lassen Sie Ihr Kind Teil des „Familien-Kochteams“ werden: Beziehen Sie es so oft wie möglich beim Einkaufen, Zubereiten oder Tischdecken mit ein.
  • Erlauben Sie Ihrem Kind alle Lebensmittel zu essen. Verbote machen Lebensmittel nur attraktiver.
  • Seien Sie sich bewusst, dass sie immer ein Vorbild für Ihr Kind sind.
  • Schaffen Sie eine angenehme Essatmosphäre am Tisch. Probleme werden später besprochen.

Autorin: Andrea Knörle-Schiegg
Foto: © ClipDealer


Quellen:

  • Ellrott T.: Die Entwicklung des Essverhaltens im Kindes- und Jugendalter, Kinderernährung aktuell, UZV Umschau Zeitschriftenverlag, 2018

  • Ellrott, T.: Psychologische Aspekte der Ernährung, Diabetologie 2013; 8: 57–70

  • Ellrott, T.: Einflussfaktoren auf die Entwicklung des Essverhaltens im Kindesalter, Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde 31, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 2009 (zuletzt aufgerufen: 08.04.2020)

  • KErn – Kompetenzzentrum für Ernährung: Auf die Sinne fertig los...Komm` auf den Geschmack!, 2015


Wo 04/2020

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