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Jugendliche fotografieren sich beim Essen

Sag mir nicht, was ich essen soll!

Heranwachsende möchten nicht belehrt werden – dass das auch für die Ernährungsbildung gilt, wurde auf dem Ernährungsfachtag Jugendliche „JUNG, VERNETZT, AKTIV“ deutlich.

Jugendliche lernen voneinander

Der Einfluss von Peers auf Jugendliche ist groß. In der Pädagogik wurde das lange Zeit kritisch gesehen. „Die Jugendlichen lernen aber auch Gutes voneinander“, betont Prof. Dr. Ute Bender, die zu Ernährung und Konsum und ihrer Fachdidaktik forscht. Wenn innerhalb der Clique gesundes Essen wichtig ist, kann es ein Selbstläufer sein. Interessieren sich allerdings nur die Unbeliebten für Rohkost, kann genau das Gegenteil eintreten.

Jugendliche lernen in der Schule nicht nur im Unterricht, dem sog. formalen Bildungssetting, sondern auch in informellen Bildungssettings. Sie lernen voneinander. Auf dem Schulhof. In der Mensa. Und da sei es wichtig, ausgewogenes und abwechslungsreiches Essen einfach nur anzubieten, ohne zu belehren. „Sag mir nicht, was ich essen soll. Zeig mir lieber, was die essen, die ich mag“, dies muss man bei der Ernährungsbildung für Jugendliche im Hinterkopf behalten, so Bender.

Da sein, wo die Jugendlichen sind

Bei der Betrachtung der Jugendlichen von heute fällt auf, dass man nicht von einer homogenen Gruppe, also von den Jugendlichen sprechen kann. Hauptthemen wie Sport, Fitness, Computerspiele, Beautythemen oder Natur sind altbekannt, jedoch verbergen sich dahinter heutzutage viele kleine Nischen und die Gruppen sind zersplittert.

Eine Gemeinsamkeit aller Jugendlichen sticht jedoch hervor: Sie bewegen sich im Internet. Durchschnittlich verbringen Jugendliche 3 Stunden pro Tag vor PC oder Smartphone und besuchen dort vor allem soziale Medien wie YouTube oder Instagram. Dort findet sich für jedes Spezialinteresse eine Social-Media-Persönlichkeit.
„Was die Stars alle eint, ist Humor, Authentizität, Alltagsnähe und letztendlich Nahbarkeit“, erklärt die Medienwissenschaftlerin Prof. Claudia Wegener. Die Teenager lieben ihre Youtuber dafür, dass sie ihnen Einblick in ihr Leben gewähren wie ein Freund oder eine Freundin. Die jungen Stars begeistern u.a. mit Formaten, in denen sie zeigen, was sie am Tag so alles essen.

Vom Marketing lernen

Ein Blick in die Werbeindustrie verdeutlicht, dass das Marketing in vielen Fällen verstanden hat, wie sie Teenagern Produkte verkaufen können. Als „Markenbotschafter“ einer Fastfood-Kette tritt beispielsweise ein Fußballnationalspieler auf, der nicht nur das Thema Sport abdeckt, sondern auch ein sympathischer, cooler Typ mit gutem Kleidergeschmack ist.

Die Kernaussage des Werbespots ist nicht „unsere Produkte schmecken gut“, sondern es wird im Grunde ein komplettes Lebensgefühl beworben. Das Motto auch hier: „Wir zeigen euch, was die essen, die ihr mögt!“ Dabei sei den Jugendlichen durchaus klar, dass sich ein Spitzensportler sehr gesund und nicht ständig von Fastfood ernährt, berichtet Carola Laun, Marketingexpertin.

Ernährungsbildung über den Unterricht hinaus

Jugendliche wissen im Grunde, was sie essen sollten und was nicht, eine gewisse Grundkompetenz ist bei vielen vorhanden. Werden im Unterricht Themen der Ernährungs- und Verbraucherbildung angesprochen oder Koch-Workshops durchgeführt, ist das positiv und wichtig.
Genauso bedeutend ist aber, dass Ernährung im Schulalltag grundsätzlich eine Rolle spielt. Spiegelt sich das, was im Unterricht über Ernährung gelehrt wird, in einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Schulverpflegung wider, ist in der Ernährungsbildung schon ein großer Schritt getan. Davon würden vor allem die Schüler profitieren, die sonst nur schwer zu erreichen sind und die zu Hause eine ausgewogene Ernährung nicht vorgelebt bekommen, so Prof. Bender.

Ernährungsbildung für Jugendliche – Kreative Herausforderung

Sollen Jugendliche für ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil begeistert werden, ist Einfallsreichtum ebenso gefragt wie die Bereitschaft sich in die Lebenswelten der Jugendlichen zu begeben. Dazu sind von Akteuren in der Ernährungsbildung Neugierde, Umdenken und sicherlich auch ein langer Atem nötig.
Eine ausgewogene Ernährung kann nur dann zur Gewohnheit werden, wenn sie vorgelebt wird und dort verfügbar ist, wo Jugendliche sind.

Autor: Anja Fleischhauer
Foto: ©zeremskimilan/Fotolia


LS 03/2019

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