
Ernährung – auch eine Frage des Glaubens
Unterschiedliche Religionen – unterschiedliche Menschen – unterschiedliche Ernährungsweisen. Der Glaube hat Einfluss auf unser Essverhalten. Spezielle Ernährungsempfehlungen spielen in fast jeder Religionsgemeinschaft eine Rolle.
Religiöse Speisevorschriften werden durch unsere heterogene Gesellschaft in vielen Bereichen immer wichtiger – von der Gemeinschaftsverpflegung bis zur Ernährungsberatung. Daher ist es sinnvoll, sich mit den wichtigsten Regeln auseinanderzusetzen. Aufgrund der vielfältigen Strömungen bzw. Konfessionen ist es nicht möglich, die Speisevorschriften der fünf großen Weltreligionen detailliert zu beleuchten. Die wichtigsten Regeln werden im Folgenden kurz und knapp zusammengefasst.
Christentum
Im Christentum spielen Speisevorschriften im täglichen Leben keine große Rolle. Es gibt keine grundsätzlich verbotenen
Lebensmittel. Bekannt sind das Freitagsopfer (Verzicht auf Fleisch an Freitagen, v.a. Karfreitag) und die jährlichen Fastenzeiten, die
jedoch heutzutage von immer weniger Christen praktiziert werden.
Islam und Judentum
Der heutige Umgang von Muslimen und Juden mit den Speisevorschriften ist sehr unterschiedlich, auch je nach Konfession werden die Regeln
mehr oder weniger strikt ausgelegt.
In beiden Religionen werden Lebensmittel im Wesentlichen in zwei Gruppen eingeteilt: erlaubt („halal“ im Islam,
„koscher“ im Judentum) sowie verboten („haram“ im Islam, „trefe“ im Judentum). Die Verbote beziehen
sich auf die Lebensmittel selbst sowie deren Herstellung, Lagerung, Zubereitung und Ausgabe.
Typische nicht erlaubte Lebensmittel in Islam und Judentum sind Schweinefleisch und daraus hergestellte Produkte (z.B. Gelatine) sowie
nicht-rituell-geschlachtetes (geschächtetes) Fleisch unterschiedlicher Tierarten. Rinder-, Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch
sind in beiden Religionen erlaubt, wenn die Schlachtvorschriften eingehalten wurden. Auch Fischgerichte sind mit gewissen Ausnahmen
gestattet. Bei Eiern und Milch(-produkten) gilt: Stammen sie von „geeigneten“ Tieren (halal bzw. koscher), können sie
verzehrt werden.
Pflanzliche Lebensmittel sind in beiden Religionen grundsätzlich erlaubt. Im Islam gilt jedoch die Bedingung, dass sie keine
berauschende Wirkung haben. Alkohol ist gläubigen Muslimen streng untersagt. Im Judentum gibt es noch eine andere Einschränkung:
So ist der gleichzeitige Verzehr von Fleischprodukten („fleischig“) und Milchprodukten („milchig“) nicht erlaubt.
Weitere besondere Vorschriften gelten im Islam in der Fastenzeit (z.B. Fastenmonat Ramadan) und im Judentum beim einwöchigen
„Pessach-Fest“.
Buddhismus und Hinduismus
Diese beiden Weltreligionen sind in Deutschland nicht weit verbreitet. Im Buddhismus und Hinduismus sind die Speisevorschriften nicht so
eindeutig festgelegt wie im Islam oder Judentum. Darüber hinaus sind die Regeln nicht für alle Gläubigen gleich: Im
Buddhismus unterscheidet man nach Ordensmitgliedern und Laien, im Hinduismus je nach Zugehörigkeit im Kastensystem. Buddhisten
ernähren sich im Allgemeinen vegetarisch oder vegan, da das Töten von Tieren zu einem schlechten Karma führen soll und daher
verboten ist. Allerdings gibt es im Buddhismus kein generelles Verbot, Fleisch zu essen. Alkohol, Gelatine sowie Zwiebelgewächse
werden von den meisten Hindus und Buddhisten vermieden. Im Hinduismus werden zusätzlich häufig auch Pilze und Honig abgelehnt.
Außerdem ist Hindus der Verzehr von Rind generell nicht gestattet, da die Kuh als heilig gilt.
Neben Unterschieden auch Gemeinsamkeiten
Auch wenn es aufwendig und nicht immer nötig ist, so ist es doch grundsätzlich machbar, alle genannten Regeln der großen
Religionen miteinander in Einklang zu bringen. Die unterschiedlichen religiösen Speisevorschriften sind am besten durch die
vegetarische Küche zu vereinbaren. Außerdem kann Gelatine sehr einfach durch pflanzliche Bindemittel und Bratcreme auf Milchbasis
durch Rapsöl ersetzt werden. Darüber hinaus sind inzwischen eine Vielzahl zertifizierter Halal- und Koscher-Produkte und
Fertiggerichte im Handel erhältlich.
Essen ist mehr als die Aufnahme erlaubter Lebensmittel. Essen bedeutet auch Austausch, Gemeinschaft, Kommunikation und Miteinander. Von
Glaube und Kultur über Persönlichkeit bis Essregeln – unsere Gesellschaft ist geprägt durch eine großartige
Vielfalt, und das sollten wir "auskosten".
Autorin: Isabel Lück
Foto: clipdealer
März 03/19