Gerichte mit Erbsen, Bohnen, Lupinen oder Linsen galten lange Jahre als Arme-Leute-Essen, das man zum schnellen Sattmachen auf den bäuerlichen Tisch brachte. „Zu Unrecht” meinen Wissenschaftler. Der Grund: In Hülsenfrüchten stecken viele wertvolle Inhaltsstoffe, die einen weit größeren Beitrag zur gesunden Ernährung leisten als man bislang annahm.
Gesunde Sattmacher
Die 730 Gattungen an Hülsenfrüchten, die es weltweit gibt, liefern wertvolle Eiweißstoffe für den Organismus und
gelten als lang anhaltende Sattmacher. Ihr hoher Ballaststoffgehalt fördert nicht nur eine gute Verdauung, er unterstützt auch
ein gesundes "Darmklima", die sogenannte Mikrobiota. Und mehr noch: Hülsenfrüchte leisten einen Beitrag zur Prophylaxe bei
Darmkrebs. Verantwortlich für diese positive Wirkung sind die kurzkettigen Fettsäuren, die bei der Verstoffwechslung von
Ballaststoffen durch die Mikrobiota im Dickdarm entstehen.
Wie viele andere pflanzlichen Produkte haben Hülsenfrüchte ein großes Spektrum an sekundären Pflanzenstoffen, allen
voran Flavonoide, Saponine und Carotinoide. Diese sorgen zusammen mit Zink, Eisen und Calcium, sowie einem guten Fettsäuremuster,
für einen positiven Einfluss auf die Gesundheit. So sollen Hülsenfrüchte nicht nur die Blutfette positiv beeinflussen,
sondern auch den Blutzucker senken. All diese Faktoren wirken unterstützend bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und
Osteoporose.
Trotz ihrer ernährungsphysiologisch positiven Inhaltsstoffe, ist die Nachfrage nach Hülsenfrüchten derzeit noch verhalten.
Wissenschaftler führen dies auf den herben Geschmack und das "verstaubte" Image der Produkte und Gerichte zurück. Gerade Veganer,
die vollkommen auf tierisches Eiweiß verzichten, sind aber auf diese pflanzlichen Eiweißlieferanten angewiesen. Denn 40 Prozent
der weiblichen Veganer und 31 Prozent der männlichen Veganer erreichen ihre empfohlene tägliche Eiweißration nicht. Es
handelt sich hier um ein ernst zu nehmendes Defizit. Für diese Personengruppe wären Hülsenfrüchte eine hervorragende
Alternative zu Fleisch.
Hülsenfrüchte von klein auf
Trotz der vielen positiven Eigenschaften von Hülsenfrüchten verzichten viele auf diese, da sie Blähungen befürchten.
Durch den regelmäßigen Verzehr kann sich der Magen-Darm-Trakt jedoch anpassen. Es ist daher besonders wichtig, schon ab dem
ersten Lebensjahr Hülsenfrüchte in kleinen Mengen in die Ernährung zu integrieren und die Menge nach und nach zu
steigern.
Das Landeszentrum für Ernährung bietet den "Leitfaden
Hülsenfrüchte in Kita und Schule“ mit Hintergrundinformationen, vielen Ideen sowie in Kitas und Grundschulen
praxiserprobten hülsenfruchtreichen Rezepten an.
Eiweiß-Initiative Baden-Württemberg
Um den heimischen Anbau an Hülsenfrüchten voranzutreiben, gibt es seit 2012 in mehreren Bundesländern die sogenannte
Eiweiß-Initiative. In Baden-Württemberg bietet das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und
Verbraucherschutz Interessierten Informationen im Internet unter www.eiweiss-initiative-bw.de. Die Ziele dieser
Initiative sind vielfältig: Landwirte sollen Hülsenfrüchte wieder als natürliche Stickstoff-Dünger schätzen
lernen. Die Artenvielfalt soll vorangetrieben werden. Mit dem Anbau von heimischem Soja für Futtermittel könnte in Zukunft die
Einfuhren aus dem Ausland reduziert werden. Und schließlich wünscht man sich von Seiten der Industrie neue Produkte, die dem
modernen Zeitgeist entsprechen.
Die ersten Zahlen zeigen bereits eine Veränderung: Seit der Einführung der Eiweiß-Initiative 2012 ist der Anbau an
Leguminosen bereits um 30 Prozent gestiegen. Noch liegt der Pro-Kopf-Verbrauch an Leguminosen gerade einmal bei 600 Gramm im Jahr. Dieser
war im Jahre 1850 bei satten 20 Kilogramm. Zu diesem Zeitpunkt begnügten sich die Bundesbürger allerdings noch mit 15 Kilogramm
Fleisch pro Jahr. Heute liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch im Jahr viermal so hoch.
Autorin: Maria Hufnagl
Quellen:
• DGE-BW: 16. DGE-BW-Forum “Linse, Lupine, Soja und Co. – nicht nur für Veganer”, 2017
• BZfE: Hülsenfrüchte: Zubereitung und
Lagerung: Frische und getrocknete Hülsenfrüchte aufbewahren (zuletzt abgerufen am 12.10.2020)